Startseite


Nachrichten


Elternbriefe


Anlagen


Presseberichte


Archiv


Impr./E-Mail



 

Elternbrief Nr. 2

(05/06)

 

Ergänzende Dokumentation hierzu unter: >>>Anlagen zu den Elternbriefen! (Zu Elternbrief Nr. 2)

 

 

 

Während noch in den 70er Jahren die Richtlinien und Lehrpläne für Schulen von den Schulministerien in Zusammenarbeit mit ernstzunehmenden Fachwissenschaftlern entwickelt wurden, beobachten wir heute eine Entwicklung, die weitgehend von privaten und wirtschaftlichen Interessen bestimmt wird: Nicht sachkundige Schulpolitik bestimmt, was und wie in den Schulen gelehrt wird,  heute sind es die privatwirtschaftlichen Interessen von Lernmittelentwicklern und die boomende Lernmittelindustrie, die  vorgeben, was in den Richtlinien und Lehrplänen zu stehen hat.

Ohne jeglichen Sachverstand  werden zuhauf neue Unterrichtsmittel konstruiert und auf den Markt geworfen. Viele LehrerInnen, insbesondere GrundschullehrerInnen, nehmen die hinter den Neuentwicklungen stehende Profitgier kaum wahr und greifen gläubig und begierig nach allem, was auch nur als „modern“ angepriesen wird.  Begriffe wie „neuer Unterricht“ und „neue Unterrichtsformen“ werden bei all dem ständig aufs Neue strapaziert und sollen den Markt weiter anheizen.   

    

 

Die „Methode Sommer-Stumpenhorst“ – 

die unsauberen Studien zur Methode „Sommer-Stumpenhorst"

 

Teil I. Die Einführung der  „Methode Sommer-Stumpenhorst“ in NRW

(Who is who? > Siehe unter "P.S."  am Ende des Elternbriefs!)

 

 

Obschon die Einführung der flexiblen Schuleingangsphase (die Klassen 1 und 2 werden zusammen unterrichtet)  im Land Brandenburg (hier bekannt unter „FLEX“) sich in keinerlei Hinsicht als empfehlenswert erwiesen hat, wollen andere Bundesländer wie etwa NRW oder Hessen diesem Beispiel baldmöglichst folgen (Siehe dazu auch in „Archiv“ unter: „Die neue Schuleingangsphase in NRW - ein schulministerielles Experiment an und mit Grundschulkindern –“!). Aufgrund ihrer Konstruktion werden in der geplanten neuen Schuleingangseingangsphase auf Dauer die Klassen größer werden, und dies, obschon in den nächsten Jahren die Zahl der eingeschulten Kinder immer kleiner wird: Die flexible Schuleingangsphase hierzulande ist nicht mehr als ein Trick, die Grundschule noch billiger zu machen:

 

Die niedrigeren Kosten für die Grundschule waren auch eines der wichtigsten Argumente im jüngsten saarländischen Schulstreit um die Einführung der neuen Schuleingangsphase: Sie wurden vorgetragen von einer Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie der WASG (Linkspartei).  Für das Saarland hat aus guten Gründen die CDU die neue Schuleingangsphase abgelehnt, für die nordrhein-westfälische Schule hält die CDU sie für ein zukunftsträchtiges Modell. Während des Landtagswahlkampfes 2005 in NRW  haben in Sachen „Neue Schuleingangsphase“ die christlichen Demokraten lauthals das Stereotyp „Alle Politiker lügen“ über die Maßen bedient: Auf Nachfrage verkündeten die Wählkämpfer, dass das Konzept der neuen Schuleingangsphase das Konzept der Roten und Grünen sei und für Nordrhein-Westfalen überhaupt nicht in Frage käme.

Nun ist es Eltern heute nicht mehr so ohne weiteres zu vermitteln, wenn in Zeiten, da die Zahl der eingeschulten Kinder abnimmt, die Klassen dennoch größer werden sollen. Die Schulbürokraten des Landes NRW in Düsseldorf hatten dazu jedoch eine pfiffige Idee: Sie erklärten mit Blick auf die Einführung der flexiblen Schuleingangsphase alle Erst- und Zweitklässler in NRW ab dem Schuljahr 2003 für fähig,  sich „entdeckend“, „eigeninitiativ“, „selbststeuernd“, „selbstgesteuert“, „eigenaktiv“ und „eigenverantwortlich“ den Unterrichtsstoff für die Grundschule selbst beibringen zu können. Wozu also die vielen Lehrer? Bedenken, dass man in sämtlichen anderen Ländern Selbstlernkonzepte höchstens erst in der gymnasialen Oberstufe , wie z. B. seit Neuestem auch in der Schweiz, einsetzt, wurden verworfen. Zur Legitimation des neuen Konzepts mussten aber neue Richtlinien/Lehrpläne her. Für die 7-köpfige Lehrplankommission im Fach Deutsch fanden sich als Kommissionsvorsitzender  der Dezernent für Grundschule Horst Bartnitzky und als Koordinator Rüdiger Urbanek, Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest, ein alter Duz-Freund von Norbert Sommer-Stumpenhorst. Die beiden hatten schon 1993 zusammen Arbeitsmittel für die Grundschule entwickelt und herausgegeben (Norbert Sommer-Stumpenhorst/Rüdiger Urbanek: Lese-Schreib-Lernkiste, Cornelsen, Berlin 1993).

Bundesweit gibt es für den Anfangsunterricht in Deutsch derzeit zwei besonders erfolgreiche Konzepte, die von der Idee ausgehen (Siehe Anlage!), dass Kinder sich den Weg in die Schriftsprache weitgehend selbstständig erarbeiten können (ein ähnliches Konzept von Jürgen Reichen ist längst untergegangen):

Diese beiden Unterrichtswerke, so wird  geworben, entsprechen in besonderem Maße den nordrhein-westfälischen Richtlinien/Lehrplänen. In den neuen Grundschullehrplänen finden die Namen Sommer-Stumpenhorst und Urbanek zwar nicht direkte Erwähnung, die Inhalte der Richtlinien und ihre Versprachlichung könnten aber doch schon bei jemandem mit Sinn für Details die Vermutung aufkommen lassen, dass es zwischen den Erstellern der Lehrpläne und dem Ersteller des Stumpenhorst-Konzepts (Lehrplan-Koordinator und „Tinto“-Verfasser sind ohnehin identisch) intensive Kontakte gab. Immerhin: Die Materialien für das Konzept Sommer-Stumpenhorst werden bereits seit 2000 über den Colli-Vertrieb verkauft, die Erstauflage der Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschulen des Landes NRW erscheint aber erst im Herbst 2003. Diese Vermutungen könnten zutreffen: Schulpolitikern und ministeriellen Schulbürokraten in Düsseldorf müssen die Selbstlernkonzepte für ihre Billigschule so gut gefallen haben, dass sie nach deren Vorgaben die neuen Richtlinien/Lehrpläne für das Fach Deutsch konstruieren ließen.

Zwar legen die neuen Lehrpläne für den Bereich des Spracherwerbs nicht nominell die Methode „Tinto“ oder „die Methode „Sommer-Stumpenhorst“ fest, Leser könnten aber sehr  schnell zu dem Schluss kommen, dass mittels dieser Methoden die vorgeschriebenen Ziele (betr. Schriftspracherwerb in der neuen Schuleingangsphase) in besonderem Maße zu erreichen sind. Auf Lehrerfortbildungsveranstaltungen weisen übrigens Moderatoren ausdrücklich die LehrerInnen auf inhaltliche/sprachliche Übereinstimmungen mit den Formulierungen in den beiden Konzepten hin. Hat sich die Mehrheit in einem Lehrerkollegium für die Stumpenhorst-Methode entschieden, die inzwischen nach der Marburger Studie (Projektleiter Prof. Schulte-Körne, Universität Marburg) nicht einmal mehr als zweite Wahl gelten kann,  müssen auch alle anderen des Kollegiums sich diesem Mehrheitsbeschluss beugen, sonst droht ihnen die Versetzung. So sind die Grundschulen im Land NRW mittlerweile nahezu flächendeckend entweder mit Urbaneks  „Tinto“ oder mit Sommer-Stumpenhorsts  „Rechtschreibwerkstatt“ versorgt.  Andere Lehrwerke für den Spracherwerbsunterricht als primäre Unterrichtswerke in Klasse 1 und 2 sind praktisch aus den Grundschulen vertrieben.

An der Verbreitung des Sommer-Stumpenhorst-Konzepts verdienen auch maßgebliche Schulbürokraten:

Am   6. September  2000 verspricht Urbanek seinem „lieben Norbert“ in Sommer-Stumpenhorsts Gästebuch, sich „um den Link vom learn-line  aus“  zu bemühen (Siehe Anlage!).  Bernhard Recker, damals bildungspolitischer Sprecher der CDU im NRW-Landtag, wirbt am 15. Mai 2003 gar öffentlich vor dem nordrhein-westfälischen Landtag für das Konzept Sommer-Stumpenhorst (Siehe Anlage!). Sommer-Stumpenhorst wohnt im Wahlkreis Reckers. Sie kennen sich seit  vielen  Jahren.

Die Schulministerin und die untergeordneten Schulaufsichtsbehörden tun ein Übriges: Sie fördern in kostspieligen „Fortbildungsveranstaltungen“ das „Konzept Sommer-Stumpenhorst“. Für diese Maßnahmen darf es sogar Schulausfall geben. Lehrerinnen, die diesem Konzept nicht folgen wollen, droht man die Versetzung an. Geschickt werden die schulischen Strukturen ausgenutzt, über sogenannte Moderatoren - in anderen Wirtschaftsbereichen würde man sie schlichtweg als „Vertreter“ bezeichnen – Sommer-Stumpenhorsts Methode zu verbreiten. Verkauft werden die teuren Materialien dann über seinen Collishop per Internet. Da passt alles, und Sommer-Stumpenhorsts Erfolg ist nicht aufzuhalten.

 

Urbanek, der als Koordinator der  Richtlinien-/Lehrplankommission Grundschule in NRW Zufriedenheit darüber empfinden darf,  wie perfekt sich die Konstruktionsprinzipien  seines eigenen Unterrichtswerks „Tinto“ in den von ihm mitverantworteten neuen Richtlinien/Lehrplänen wiederfinden, geht einen anderen Weg der Verbreitung.  Er wirbt für sein Spracherwerbskonzept vom differenzierten Schriftspracherwerb,  indem er (Koordinator der  Richtlinien-/Lehrplankommission Grundschule) sich zum Beispiel gern bei Lehrerinnen/Lehrern vorstellt, die sich noch in der Ausbildung befinden und kaum Unterrichtserfahrung besitzen: so  z.B. auch am 02.06.2005 am Primarstufenseminar Siegburg mit einem Vortrag zu „Differenzierter Schriftspracherwerb in der  Schuleingangsphase“.

Inzwischen wird im Land NRW im Anfangsunterricht nahezu flächendeckend nach einer dieser beiden Methoden unterrichtet. Die Rheinländer bezeichnen solche Verhältnisse als „Kölscher Klüngel“. Eine Verharmlosung! Denn die Leidtragenden sind alljährlich Tausende von Kindern, die schlimme Schäden für ihre Lebensbiographien davontragen. In 2002, als man sich in Hessen anschickte, die Rechtschreibwerkstatt auf Tauglichkeit zu überprüfen, war im Land NRW mit ministerieller Billigung das Konzept Sommer-Stumpenhorst bereits in Hunderte von Schulen lanciert worden.

Alles in allem geht es um viel Geld:

 

Dürfen sich jetzt auch Nordrhein-Westfalens Eltern freuen?

Der anerkannte Fachdidaktiker Horst Bartnitzky im März 2006: Rechtschreiblehrgänge wie der von Sommer-Stumpenhorst sind nicht lehrplankonform.

„Mit Entsetzen“ stellt Horst Bartnitzky, Vorsitzender der  Richtlinien-/Lehrplankommission Deutsch/Grundschule, in einer E-Nachricht vom 15.03.2006 fest, dass der Lehrplan Deutsch (Grundschule NRW) und er mit Sommer-Stumpenhorst und Urbanek in Zusammenhang gebracht werden. Ohne Umschweife und völlig unerwartet formulierte er jetzt für grundschulservice, wie wenig er von der Schriftspracherwerbsmethode "Lesen durch Schreiben" hält: Er erklärte sie sogar für nicht lehrplankonform.  

In einer weiteren Nachricht konkretisiert er das am 16.03.2006 und bezieht sich dabei auf die Richtlinien. Darin gehe es um einen integrativen Deutschunterricht, der nicht in Rechtschreiben oder Grammatik oder Lesen isoliert Teilfähigkeiten übe, sondern in sprachlichen Zusammenhängen. Den mittlerweile etablierten Begriff "Lese-Schreib-Kultur" habe er in die Diskussion eingebracht. Dieser sei übrigens zugleich ein Votum gegen "Lesen durch Schreiben" nach Reichen, weil Lesen und Schreiben von Anfang an gemeinsam bei der Entwicklung einer Lese-Schreib-Kultur wirken. Damit seien auch Rechtschreiblehrgänge wie der von Sommer-Stumpenhorst nicht lehrplankonform. Eine beachtenswerte Erklärung! Immerhin zählt die Methode Tinto Rüdiger Urbaneks, des Koordinators der Lehrplankommission Deutsch/Grundschule, auch zur Schriftspracherwerbsmethode "Lesen durch Schreiben", die Horst Bartnitzky als  nicht lehrplankonform  ablehnt.

Auf vielen Vortragsveranstaltungen, so beteuert er, habe er stets entsprechend und entschieden argumentiert. Er empfindet es als ungerecht, hier «in einen Topf» geworfen zu werden. Er vergisst nicht zu betonen, dass er auch mit dem "Schulbuchwerk Tinto" nichts zu tun habe.

An der Aufrichtigkeit der Erklärung Horst Bartnitzkys vom 15. März 2006 ist nicht zu zweifeln. Ihm gebührt Dank für diese Klarstellung. Es ist zu wünschen, dass Horst Bartnitzky recht bald seinen Einfluss geltend macht und dafür sorgt, dass nicht-lehrplankonforme Unterrichtsmethoden aus den Grundschulen in NRW verbannt werden.

Dennoch bleibt das: 

Zusammen mit Reinhold Christiani  gibt Horst Bartnitzky, der Vorsitzende der  Richtlinien-/Lehrplankommission Deutsch/Grundschule, Sommer-Stumpenhorsts Buch  „Richtig Schreiben lernen von Anfang an“ heraus (Cornelsen, Berlin).

Die Feststellung des ehem. Vorsitzenden der NRW-Richtlinien-/Lehrplankommission Deutsch/Grundschule,   Horst Bartnitzky, das Konzept Sommer-Stumpenhorsts sei "nicht lehrplankonform“, bedeutet natürlich auch: Die Schulministerin Sommer in NRW lässt zu, dass Zigtausende der ihr anvertrauten Kinder nicht lehrplankonform unterrichtet werden. Sie wird sich dazu äußern und dann handeln müssen. 

 

Teil II.  Die Marburger Studie – das Land Hessen spielt eine zweifelhafte Rolle

„Die Auswertungen der Lernstandskontrollen und die Arbeitsergebnisse zeigen, dass bei dieser Vorgehensweise alle Kinder einer Klasse zu Lernergebnissen kommen, die deutlich über den Anforderungen der Lehrpläne liegen.“ So Norbert Sommer-Stumpenhorst/Martina Hötzel in den Schlussbemerkungen ihrer Schrift: ’Richtig Schreiben lernen von Anfang an’, Berlin 2001. Schon die Dürftigkeit des Literaturverzeichnisses gibt entlarvend darüber Auskunft, auf welch unsoliden Verhältnissen zu den Fachwissenschaften und zu den übrigen Feldern spezieller und allgemeiner Pädagogik das Unterrichtskonzept begründet ist. Es ist nicht ganz einfach zu entscheiden, wem mehr an befremdetem Kopfschütteln gebührt: dem, der sich nicht scheut, solches zu verkünden, oder jenem, der gern geneigt ist, Wunderheilern ihre Versprechungen auf die zu erwartenden Mirakel abzunehmen.

Zur Umsetzung der Methode Sommer-Stumpenhorst ist eine unübersehbare Fülle spezieller (sehr teurer) Unterrichtsmaterialien vonnöten, die er über seinen Collishop vertreibt. Tausende von Internet-Seiten haben Sommer - Stumpenhorst inzwischen online zum Größten kreiert.  Norbert Sommer - Stumpenhorst versteht sein Geschäft. Immerhin stoßen  Surfer über die Homepage der Steinbeis - Akademie  auch auf diese Eintragung:

 

NORBERT SOMMER-STUMPENHORST

D-59269 BECKUM, MARIENSTRASSE 33
STEINBEIS AKADEMIE FÜR UNTERNEHMENSFÜHRUNG
NORBERT SOMMER-STUMPENHORST

 

Die Ansprechpartner der Steinbeis Akademie: „Unternehmen, die sich für eine Kommunikationsstrategie mit Nutzung des Internets bzw. der neuen Medien oder den elektronischen Handel entschieden haben, werden auf ihrem Weg zum E - Business und E - Commerce durch engagierte und qualifizierte Akademiker unterstützt.“  Das Unternehmen des Sommer-Stumpenhorst darf sich in guten Händen wissen. Immerhin war Sommer-Stumpenhorsts Idee „Rechtschreibwerkstatt“ Anlass zur Gründung dreier Unternehmen:

 

 

Name der Firma

Sitz

Eintragung beim Amtsgericht

Graf Orthos Rechtschreibwerkstatt GmbH & Co. KG

Beckum

Münster HRB 10262

Kommanditisten: Norbert Sommer-Stumpenhorst, Beckum

                                Sascha Görlich, Gießen

Graf Orthos Rechtschreibwerkstatt - Beteiligungs- GmbH

Beckum

Münster HRA 7737

Gesellschafter: Norbert Sommer-Stumpenhorst, Beckum

                             Sascha Görlich, Gießen

Rechtschreibwerkstatt GbR

Beckum

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfordert keine Eintragung im Handelsregister.

 

Es ist bekannt, dass auch im hessischen Kultusministerium vehemente Befürworter der Methode Sommer - Stumpenhorst sitzen, dazu gehört die Referatsleiterin für Grundschule, Frau Birgid Oertel. Und auch der hessische Bildungsserver verweist inzwischen auf Sommer-Stumpenhorst und seine Methoden mit den teuren Arbeitsmaterialien aus dem Colli – Vertrieb.

 

Die Anordnung des Modellversuchs wurde von den Initiatoren, die jedoch nicht identisch sind mit den Mitarbeitern im hessischen Kultusministerium, ausführlich im DGLS - Jahrbuch 2003 dargestellt. Bemerkenswert an dieser Darstellung ist jedoch, dass hier bereits, also lange Zeit vor Abschluss des Projekts, in plakativen Lobeshymnen das Konzept Sommer-Stumpenhorst gefeiert wird, während sich das Konzept „LolliPop“  mit einer knappen und nüchternen Darstellung begnügen muss. Dass einer der Autoren der DGLS–Jahrbuch–Darstellung, der  Diplom-Psychologe Wolfgang Deimel, dann auch noch Mitglied des Evaluationsteams ist, das die Studie in höchster Verantwortung als stellvertretender Evaluationsleiter begleitet, - befremdlich auch das! 

 

Denjenigen, die dazu neigen, durchweg gewisse Zusammenhänge und „Zufälligkeiten“ ausloten zu wollen, sind noch darauf hinzuweisen, dass ursprünglich nur die Wirksamkeit einer Unterrichtsmethode, nämlich die der „Rechtschreibwerkstatt“ (RSW) von Sommer-Stumpenhorst untersucht werden sollte. Aus der Entstehungsgeschichte der Studie und den späteren Vorwegbeiträgen ist tatsächlich unschwer zu erkennen, dass ursprünglich nur die Effektivität der „Rechtschreibwerkstatt“ nachgewiesen werden sollte. Wer ein besonderes Interesse daran haben konnte, zum wirklichen Vergleich nicht zumindest einen zweiten Lehrgang zur Überprüfung heranzuziehen, kann nur vermutet werden. Erst Lehrer vor Ort setzten durch, dass eine zweite Untersuchungsgruppe mit dem Fibellehrgang „LolliPop“ in den Modellversuch aufgenommen wurde.

 

Vom Hessischen Kultusministerium war in Aussicht gestellt worden, die Resultate der auf zwei Jahre begrenzten Untersuchung im Herbst 2004 vorzustellen. Auf einer eigens angesetzten Pressekonferenz am 06.Dezember 2004 erklärte indes ein Vertreter des Ministeriums, dass die Ergebnisse nicht bekannt gegeben dürften. Wie schon erwähnt sitzen auch im hessischen Kultusministerium  Protagonisten der Sommer-Stumpenhorst-Methode, und die Gründe für diese Maulkorbsituation in dem signifikant schlechteren Abschneiden der Methode Sommer-Stumpenhorst zu suchen, ist sicherlich nicht abwegig. Das Ergebnis überraschte nämlich auch dort umso mehr, als ganz offensichtlich die Studie mit der Zielsetzung gestartet worden war, die Überlegenheit der Rechtschreibwerkstatt empirisch zu untermauern. Überraschend brachte dann - vermutlich nach Indiskretionen - ein Bericht der Hessenrundschau am 17. Januar 2005 die ersten Teilresultate, zunächst noch in sehr allgemeiner Form, an die Öffentlichkeit. Das Erstaunen muss besonders auf Seiten der Sommer-Stumpenhorst-Anhänger recht groß gewesen sein, hatten sie doch in keiner Hinsicht mit diesen sicherlich auch folgenreichen Ergebnissen gerechnet. Ein ausführlicher Zwischenbericht seitens der Durchführenden der Untersuchung (Leiter des Projekts: Prof. Schulte-Körne, Universität Marburg) sollte Ende Januar 2005 veröffentlicht werden.

 

Internet–Seiten der Initiatoren des Projekts aus dem Jahre 2002 kündigten damals an, dass die Ergebnisse der Untersuchung, deren Ende auf den Juli 2004 festgelegt war, bereits Mitte 2004 veröffentlicht werden sollten. Was erst jetzt bekannt wird: Irgendwer muss, kurz nachdem im engen Zirkel die Konturen der offenbar nicht erwartungsgemäß ausgefallenen Ergebnisse der Studie bekannt waren, Einfluss genug gehabt haben, die Studie - über  das eigentliche Ende hinaus - um  zwei weitere  Jahre zu verlängern, bis Juli 2006 also.  Dem Vernehmen nach gab es auch eine intensive Einflussnahme Sommer-Stumpenhorsts. Verdrängen wir Gedanken und Spekulationen darüber, dass der Autor des unterliegenden Lehrgangs zum Schriftspracherwerb arge wirtschaftliche Einbußen erleiden würde! Man erinnere sich: In dem "Modellprojekt Schriftsprach - Moderatoren" (MSM), welches im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums durchgeführt wurde, sollte untersucht werden, wie der Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben in den Klassen 1 und 2 verbessert werden könne. In dem oben genannten Internet – Auftritt findet sich auch dieser Satz der Projekt – Initiatoren (aus dem Jahre 2002!):

 

„Eine Veröffentlichung von Ergebnissen vor Ende des Projektes (ca. Mitte 2004) könnte den Projektverlauf beeinflussen. Falls sich z.B. ein Konzept als zwischenzeitlich unterlegen herausstellen sollte, so würde das höchstwahrscheinlich zu besonderen Anstrengungen in dieser Gruppe führen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, keine Ergebnisse vor Projektende mitzuteilen.“

 

 

Die hessische Abgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Patrizia Hinze,  sorgte sich im Juli 2005 um die Kinder, die durch den Unterricht nach Sommer-Stumpenhorst zu Schaden kommen, und fragte bei der Kultusministerin von Hessen an: 

„Welche Konsequenzen hat das Kultusministerium aus dem Ergebnis für die Umsetzung im Unterricht gezogen (gemeint ist das Ergebnis der Marburger Studie, Anm. des Autors) ?“.

Antwort der hessischen Kultusministerin: „Über Konsequenzen im Nachgang zu dem Modellprojekt kann erst entschieden werden, wenn endgültige Ergebnisse vorliegen. Was die derzeit am Modellprojekt teilnehmenden Schülerinnen und Schüler angeht, tragen alle Beteiligten dafür Sorge, dass diesen bis zum Ende ihrer Grundschulzeit - unabhängig von der verwendeten Methode - kein Nachteil entsteht.“ 

 

 

 

Nach diesen Ungereimtheiten für die Verlängerungsphase der  Marburger Studie ist aber schon jetzt sicher, dass die Ergebnisse für die Zeit von 2004 bis 2006 keinerlei Aussagekraft mehr haben. Das sagten die Initiatoren der Studie selbst (s.o.!): Dadurch, dass sich solche Nachbesserungen nicht wirksam ausschließen lassen, verliert die Studie für den Phasenverlauf seit August 2004 jegliche Bedeutung. Nach all diesen Fragwürdigkeiten kann aber auch kein Zweifel darüber bestehen, dass sich die Ergebnisse für die nach der Methode Sommer-Stumpenhorst unterrichteten Kinder sicherlich „verbessern“ werden. Für diese Prognose muss man nicht Prophet sein.  Wir werden sehen!

 

III. Wissenschaft in der Knechtschaft  wirtschaftlicher Interessen? –Eine weitere „wissenschaftliche Studie“ zur Methode Sommer-Stumpenhorst!

 

Viele erinnern sich  sicherlich noch an die Fernsehwerbung für eine bestimmte Zahncreme, die regelmäßig mit strahlenden Gesichtern und dem Slogan „klinisch getestet“ ihre Krönung erreichte. Ein werbewirksamer Gag, der Vertrauen erwecken sollte! Mittlerweile sind solche Prädikate wie „klinisch getestet“  oder „durch eine Studie der Universität X bewiesen“  für alle möglichen Produkte heiß begehrt. Über den Aussagewert solcher Studien, in denen es um die angebliche Wirksamkeit oder Ungefährlichkeit von Medikamenten geht, gibt es heute nicht einmal mehr Diskussionen. Dass neuerdings offensichtlich auch Unterrichtsmethoden zweifelhaften Studien unterzogen werden, ist indes neu: In diesem Fall handelt es sich um die Unterrichtsmethode  des Norbert Sommer-Stumpenhorst.

       

Völlig unverständlich: In 2004, schon wenige Wochen nach dem regulären Ablauf der Marburger Studie, begann nunmehr Prof. Dr. rer. nat. Ulrich Glowalla von der Universität Gießen mit der erneuten Untersuchung der  „Rechtschreibwerkstatt“. Besonderheit: Bei dieser Untersuchung (über 4 Jahre) werden keine anderen – wie auch immer gearteten – Unterrichtsmaterialien bzw. Unterrichtsmethoden zum Vergleich hinzugezogen. Bis zum 11.07.2005 behauptete Prof. Glowalla auf einer Internet-Seite, das Kultusministerium Hessen sei der Auftraggeber der Studie. Schon bald nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 09.07.2005  (Siehe unter Presseberichte !), in dem das KM Hessen bestritt, Auftraggeber der Studie zu sein, änderte Prof. Glowalla jedoch seine Internet-Seite und benannte plötzlich als Auftraggeber der Studie das Staatliche Schulamt für den Landkreis Gießen und den Vogelsbergkreis, dessen Leiter Herr LSAD Heinz Kipp ist (Siehe Anlage!). Bekannt ist, dass gerade Longitudinalstudien, wie sie in Gießen durchgeführt werden, erhebliche Kosten verursachen. Darüber, wer alles an der Finanzierung der teuren Gießener Studie beteiligt ist, sind jedoch keinerlei Auskünfte zu erhalten.

 

 

Professor Glowallas engster Mitarbeiter, der Diplompsychologe Sascha Görlich, spielt in diesem Flechtwerk (Siehe Anlage!) offenbar eine herausragende Rolle und müsste daher bei drei Dienstherren gleichzeitig auf der Gehaltsliste stehen:

    

 

Die Gießener Studie ist ganz offenbar nicht dazu geeignet, in besonderem Maße Vertrauen in die Wissenschaft zu erzeugen: Werden doch  schon vorab die beabsichtigten Ergebnisse öffentlich formuliert, wird doch schon vorab die kommerzielle Ausrichtung ohne Umschweife eindrucksvoll vorgeführt! Die Besonderheiten bezüglich der Ausgangslage der Studie lassen tatsächlich erheblich daran zweifeln, ob der Verlauf der Studie und die Ergebnisse den wissenschaftlichen Ansprüchen Validität, Reliabilität und Objektivität genügen. Das wiederum lässt befürchten, dass nach dem Ende der Studie die Methode Sommer-Stumpenhorst bundesweit eingeführt werden könnte. Dann allerdings könnte die Zahl der geschädigten Kinder alljährlich in die Zigtausende gehen.

Nach dem oben schon erwähnten Bericht in der Frankfurter Rundschau vom 09.07.2005 sind - offenbar zur Beseitigung gewisser Indizien - einige Internet-Informationen entfernt oder geändert worden, so z.B. Prof. Glowallas Information über die Gießener Studie, aus der nunmehr alle Textstellen entfernt wurden, die auf eine Zusammenarbeit mit Sommer-Stumpenhorst hinweisen.

 

Schule ist heute, wenn es um Unterrichtsmethoden und Unterrichtsmaterialien geht, ein von wirtschaftlichen Interessen hart umkämpfter Raum, dies war nur ein Beispiel. Ein Staatsanwalt, vor kurzem in einem Fernsehinterview über solche Verhältnisse befragt, wollte nicht einmal mehr von „Skandal“ sprechen: Er nannte es „deutsche Normalität“.

 

 

J. Günter Jansen

 

P.S.: Ergänzende Informationen zu diesem Elternbrief finden sich unter > Anlagen und > Pressestimmen!  

 

 

Who is who?

 

 

 

Januar 2006 – aktuell:

 

Professor Glowallas engster Mitarbeiter, der Diplompsychologe Sascha Görlich, hat jetzt seine Konsequenzen gezogen. Er ist ganz in die Dienste Sommer-Stumpenhorsts getreten:


 

Die Rolle Görlichs hat jetzt die Diplom-Psychologin Silke Schmidt übernommen: Sie arbeitet für die Universität Gießen (Silke.Schmidt@psychol.uni-giessen.de) und für Sommer-Stumpenhorsts Rechtschreibwerkstatt (Forum) (Siehe Anlage!). Ein Teil der Dokumentation zum Fall "Sascha Görlich" konnte daher aus den "Anlagen"  entfernt werden, ist aber weiterhin beim Autor dieser Homepage verfügbar.

 

Siehe hierzu auch: >>> Elternbrief Nr. 16